Stimmrechte

Die Stimmrechte richten sich grundsätzlich nach den Nennbeträgen der Anteile der jeweiligen Gesellschafter. In den meisten Satzungen findet sich dazu die Regelung, dass je 1 € Nennwert eine Stimme ergibt. Abweichende Regelungen sind in der Satzung jedoch möglich.

Die Regelungen zum Stimmrecht in einer GmbH stellen sog. echte Satzungsbestandteile dar. Diese können nur durch notariell beurkundete Änderung der Satzung (§ 53 GmbHG) in die Satzung aufgenommen werden. Die Satzung einer GmbH ist objektiv auszulegen. Der Umstand, dass in einer Tochtergesellschaft ein Mehrfachstimmrecht zugunsten eines Gesellschafters vereinbart wurde, rechtfertigt nicht die Auslegung, dass ein solches Mehrfachstimmrecht auch bei der Muttergesellschaft besteht. Das gilt auch dann, wenn sich die Parteien bei der Gestaltung der Gesellschaft geirrt haben und das Mehrfachstimmrecht bei der Muttergesellschaft nur irrtümlich nicht in die Satzung aufgenommen wurde.[1]

a) Stimmabgabe durch den Gesellschafter

Der Gesellschafter kann sein Stimmrecht selbst oder durch einen Bevollmächtigten ausüben. Ist der Gesellschafter selbst handlungsunfähig, so kommt die Bestellung eines Betreuers in Betracht.[2]

Bei der Stimmabgabe in der Gesellschafterversammlung hat der Gesellschafter auch seine Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft zu berücksichtigen. Stimmt der Gesellschafter lediglich aus "formalen" Gründen mit Nein, so kann dies treuwidrig sein, wenn der Gesellschafter tatsächlich keine inhaltlichen Einwände gegen den Beschluss hat. Anders ist die Situation aber zu beurteilen, wenn der Gesellschafter die Tragweite einer Entscheidung nicht beurteilen kann.[3]

Grundsätzlich ist der Gesellschafter in seiner Entscheidung, wie er seine Stimme in der Gesellschafterversammlung abgibt frei. Nur ausnahmsweise kann die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht ein bestimmtes Abstimmungsverhalten vorschreiben.[4] Daran sind aber sehr strenge Anforderungen zu stellen. Ein solcher Fall ist nur dann gegeben, wenn Erhaltung erheblicher Werte, die die Gesellschaft geschaffen hat oder die Vermeidung erheblicher Verluste nur dann zu erreichen ist, wenn der Gesellschafter gerade dem konkreten Beschlussantrag zustimmt.[5] So ist ein Gesellschafter z.B. nicht verpflichtet, der Einschaltung einer Personalberatung zur Findung eines neuen Geschäftsführers zuzustimmen, selbst wenn die Gesellschaft aktuell über keinen geeigneten Geschäftsführer verfügt.[6]

Bei einer Treuhandkonstruktion, in der der Gesellschafter einen Anteil für sich selbst und einen anderen Anteil für den Treugeber hält, ist auch eine uneinheitliche Stimmabgabe für die beiden möglich.[7] Umstritten ist die Frage, ob auch bei einem einheitlichen Anteil eine uneinheitliche Stimmabgabe möglich ist.[8]

b) Erbengemeinschaft

Bei der Stimmabgabe durch eine Erbengemeinschaft sind Besonderheiten zu beachten.[9] Grundsätzlich kann eine Erbengemeinschaft ihre Stimmen auf der Grundlage eines Mehrheitsbeschlusses der Erben abgeben. Dazu gehört auch das Stimmrecht. Dieses Stimmrecht kann sie durch Mehrheitsbeschluss von einem gemeinsamen Vertreter in der Versammlung wahrnehmen lassen, soweit es sich um Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung handelt. Zu diesen Maßnahmen gehört grundsätzlich auch die Abberufung eines Geschäftsführers.[10]

Die Klausel, dass sich eine Erbengemeinschaft „gegenüber der Gesellschaft“ durch einen gemeinsamen Bevollmächtigten vertreten lassen muss, steht dem nicht entgegen.[11] Erforderlich ist eine Klausel, wonach ausdrücklich die Stimmabgabe von der Bestellung eines Bevollmächtigten abhängig gemacht wird und die Stimmrechte anderenfalls ruhen.

Wird über ein Erbe die Testamentsvollstreckung angeordnet, so kann der Testamentsvollstrecker auch die Stimmrechte für Gesellschaftsanteile ausüben, die zur Erbmasse gehören. Allerdings darf er diese Befugnis nicht zum Nachteil der Erben ausüben. Deshalb darf er keiner Änderung des Gesellschaftsvertrages zustimmen, die den Erben, der Gesellschafter geworden ist, benachteiligt. Eine solche Änderung ist nur mit Zustimmung des betroffenen Erben zulässig.[12] 

c) Insolvenzverwalter

Ist über das Vermögen eines Gesellschafters einer GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet worden, so übt der Insolvenzverwalter die Mitgliedschaftsrechte, insbesondere das Stimmrecht, aus.[13]In der Insolvenz einer GmbH sind Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen gegen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung gegen den Insolvenzverwalter zu richten, wenn die Beschlüsse Auswirkungen auf die Insolvenzmasse haben.[14] 

d) Stimmverbot

In bestimmten Fällen ist der Gesellschafter von seinem Stimmrecht ausgeschlossen. Dies regelt § 47 Abs. 4 GmbHG. Danach gilt der Grundsatz, dass es bei der Stimmabgabe kein „Richten in eigener Sache“ geben darf. Daher darf ein Gesellschafter, der gleichzeitig Geschäftsführer ist, nicht über seine eigene Entlastung mit abstimmen. Ferner ist die Stimmrechtsausübung auch dann untersagt, wenn es um die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Gesellschafter geht.

Das Stimmverbot gilt auch bei sog. indirekten Interessenkonflikten.[15] Daher erstreckt sich das Stimmverbot auch auf

Angehörige des Gesellschafters

 Abhängige Gesellschaften

Personen die eine gleiche Pflichtverletzung begangen haben

Bei einer Abstimmung über die Abberufung als Geschäftsführer ist ein Gesellschafter ausgeschlossen, wenn ein wichtiger Grund für die Abberufung vorliegt. Ein solcher Grund muss allerdings objektiv gegeben sein. Der bloße Vorwurf einer Pflichtverletzung reicht nicht aus.[16]

Nach § 47 Abs. 4 GmbHG darf ein Gesellschafter bei der Beschlussfassung über ein Rechtsgeschäft mit sich selbst nicht mitstimmen. Das gilt entsprechend, wenn die Gesellschafterversammlung über den Abschluss eines Vertrages mit einer Gesellschaft beschließt, an der der Gesellschafter mit 50 % beteiligt ist und bei der er eine leitende Funktion wahrnimmt.[17]



[1] OLG Hamm, Urteil vom 09.03.2015 - 8 U 78/14.

[2] Werner GmbHR 2013, 963.

[3] OLG München, Schlussurteil vom 14.08.2014 - 23 U 4744/13.

[4] Zur Bedeutung der Treuepflicht vgl. Hippeli GmbHR 2016, 1257.

[5] BGH, Urteil vom 12.04.2016 - II ZR 275/14.

[6] OLG München, Urteil vom 23.06.2016 - 23 U 4531/15.

[7] Schauf GmbHR 2015, 799; Blasche GmbHR 2016, 99.

[8] Vgl dazu Blasche GmbHR 2016, 99.

[9] Vgl. Lange GmbHR 2013, 113.

[10] OLG Stuttgart, Beschluss vom 09.09.2014 - 14 U 9/14.

[11] Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 18.04.2012 – 2 U 523/11.

[12] LG Bielefeld, Urteil vom 30.05.2014 – 17 O 61/12.

[13] OLG München, Beschluss vom 24.08.2010 – 31 Wx 154/10.

[14] OLG München, Urteil vom 06.102010 – 7 U 2193/10.

[15] vgl. Bayer GmbHR 2017, 665; Faerber/Garbe GWR 2012, 219.

[16] Ensenbach GmbHR 2016, 8.

[17] KG, Urteil vom 08.05.2014 - 12 U 22/13.

 

Kanzlei Henning Schröder
anwalt@rakanzlei-hs.de