Kapitalaufbringung
Die Aufbringung des Stammkapitals erfolgt durch Einlage von Vermögenswerten durch den Gesellschafter in das Vermögen der Gesellschaft. Das Gesetz unterscheidet dabei die Bareinlage und die Sacheinlage.
a) Bareinlage
Eine Bareinlage wird dadurch erbracht, dass der Gesellschafter den Einlagebetrag an die Gesellschaft in bar oder (üblicherweise) durch Überweisung der Gesellschaft zur Verfügung stellt. Das gilt sowohl für den Fall der Gründung als auch für die Kapitalerhöhung.
Die wesentlichen Schritte zur Durchführung einer Kapitalerhöhung sind:
Notariell beurkundeter Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Durchführung der Kapitalerhöhung (§ 53 GmbHG)
Notariell beglaubigte Übernahmeerklärung (§ 55 GmbHG)
Leistung der Einlage zur freien Verfügung der Gesellschaft (§ 56a GmbHG)
Anmeldung zum Handelsregister durch sämtliche Gesellschafter (§§ 57, 58 GmbHG, § 12 HGB)
Eintragung in das Handelsregister
Die Darlegungs- und Beweislast für die Erbringung der Einlage trägt der Gesellschafter. eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers allein ist grundsätzlich zur Beweisführung nicht ausreichend. Bei der Insolvenz einer GmbH macht der Insolvenzverwalter oft einen Anspruch auf Einzahlung der Stammeinlage gegen die Gesellschafter geltend. In einem solchen Verfahren trägt grundsätzlich der Gesellschafter die volle Beweislast dafür, dass die Einlage erbracht worden ist. Das gilt selbst dann, wenn die Leistung der Einlage bereits sehr lange zurückliegt. Als Beweis reicht es regelmäßig nicht aus, auf die Jahresabschlüsse der Vergangenheit zu verweisen. Diese Beweisanforderungen gelten auch für den Fall des sog. Hin- und Herzahlens. Wenn der Insolvenzverwalter darlegen kann, dass die eingezahlte Einlage zeitnah wieder an den Gesellschafter zurückgezahlt wurde, so trifft den Gesellschafter auch weiterhin die Beweislast für die Erbringung der Einlage. Die Entscheidung verdeutlicht erneut das erhebliche Risiko für GmbH-Gesellschafter im Zusammenhang mit Einlageansprüchen. Bei der Gesellschaftsgründung sollte stets auf eine ordnungsgemäße Verwahrung der Einzahlungsbelege auch über die ansonsten bestehenden Aufbewahrungsfristen hinaus geachtet werden.
Die Einzahlung auf ein debitorisches Konto soll ausreichend sein, wenn die Gesellschaft im Rahmen eines bestehenden Kontokorrentvertrages über den Betrag frei verfügen kann.
Die Bareinlage muss auch im Zeitpunkt der Eintragung noch ungeschmälert zur Verfügung stehen(sog. Vorbelastungshaftung). Das ist vor allem bei einer Kapitalerhöhung zum Zwecke der Sanierung in der Praxis gelegentlich schwierig.
Die Beweislast für die Einzahlung trägt grds. die Gesellschaft. Allerdings tritt eine Beweislastumkehr ein, wenn keine Vorbelastungsbilanz auf den Stichtag der Eintragung erstellt wird. Der Nachweis der Einzahlung der Stammeinlage muss 20 Jahre nach der Eintragung der GmbH nicht zwingend durch einen Einzahlungsbeleg geführt werden. Damit ist insbesondere auch eine Berücksichtigung der Bilanzen der Vergangenheit möglich. Das gilt allerdings nur, wenn der Zeitpunkt der Einzahlungsverpflichtung bereits lange Zeit zurückliegt.
Bei der Kapitalerhöhung einer GmbH ist mindestens ein Viertel des Betrages, um den das Stammkapital erhöht wird bei Kapitalerhöhung einzuzahlen. Das gilt auch dann, wenn das bestehende Kapital der Gesellschaft bei Fassung des Erhöhungsbeschlusses voll eingezahlt war und auch nach der Kapitalerhöhung mehr als ein Viertel des Gesamtkapitals eingezahlt ist.
Beispiel:
Die GmbH hat ein voll eingezahltes Stammkapital von € 50.000,-. Dieses wird um weitere € 50.000,- auf € 100.000,- erhöht. Bei Kapitalerhöhung sind mindestens € 12.500,- einzuzahlen (ein Viertel des Erhöhungsbetrages von € 50.000).
Aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht kann die Pflicht entstehen, Sanierungsmaßnahmen zuzustimmen bzw. diesen jedenfalls nicht entgegenzutreten. Eine solche Pflicht kann auch für die Aktionäre einer Aktiengesellschaft bestehen. Allerdings setzt diese Pflicht voraus, dass die Gesellschaft ein schlüssiges Sanierungskonzept vorlegt. Eine Kapitalherabsetzung verbunden mit einer anschließenden Kapitalerhöhung ist für sich genommen kein Sanierungskonzept.
Der Insolvenzverwalter hat keinen Anspruch auf Durchführung einer vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossenen Kapitalerhöhung, wenn diese noch nicht in das Handelsregister eingetragen ist. Der Gesellschafter ist in diesem Fall nicht gehindert, den Beschluss wieder aufzuheben bzw. den Geschäftsführer anzuweisen, die Handelsregisteranmeldung zurückzunehmen. Folglich hat der Insolvenzverwalter gegen den Gesellschafter in diesem Fall auch keinen Anspruch auf Einzahlung des Erhöhungsbetrages.
Kommen bei einer Kapitalerhöhung mehrere Gesellschafter zu einem gemeinsamen Zweck zusammen, der über die Durchführung der Kapitalerhöhung hinausgeht, so kann zwischen ihnen eine sog. Vorbeteiligungsgesellschaft entstehen. Dies würde zu einer gesamtschuldnerischen Haftung wie bei der Vorgründungsgesellschaft führen. Praktisch dürften die Voraussetzungen für eine solche Vorbeteiligungsgesellschaft nur sehr selten gegeben sein.
Erbringt ein Gesellschafter seine Einlage nicht, so steht der Gesellschaft die Möglichkeit der Kaduzierung des Anteils nach § 21 GmbHG zu. Kann die Einzahlung von dem zahlungspflichtigen Gesellschafter nicht erlangt werden, so kann die Gesellschaft die übrigen Gesellschafter nach § 24 GmbHG für den Ausfall der Einlage in Anspruch nehmen. Adressat der Haftung nach § 24 GmbHG ist allerdings nur derjenige Gesellschafter, der im Zeitpunkt der Fälligkeit der Einlage in die Gesellschafterliste eingetragen ist.
Ein Gesellschafter, der seinen Anteil veräußert bevor die Gesellschaft eine offene Einlageforderung gegen einen Mitgesellschafter geltend gemacht hat, haftet nicht nach § 24 GmbHG für die rückständige Einlage auf den kaduzierten Anteil. Das gilt selbst dann, wenn der Anteil den Gesellschafter abgetreten wurde, der später kaduziert wurde.
Eine GmbH ist aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht gehalten, für eine zügige und ordnungsgemäße Durchführung einer Kapitalerhöhung zu sorgen. Kommt die Gesellschaft dieser Verpflichtung nicht nach, so ist der Übernehmer einer Einlage nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage berechtigt, vom Übernahmevertrag zurückzutreten und Schadensersatz zu fordern.
Von dem Anspruch auf Einzahlung des Stammkapitals zu unterscheiden ist die Einzahlung eines ggf. geschuldeten Aufgeldes (Agio). Diese Unterscheidung ist vor allem für die Verjährung von Bedeutung. Während die Einlageforderung nach § 19 Abs. 6 GmbHG in fünf Jahren verjährt, gilt für das Agio die Regelverjährung.
Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln
Nach § 57e Abs. 1 GmbHG muss bei einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln ein geprüfter und mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk versehener Jahresabschluss dem Beschluss beigefügt werden. Das gilt auch dann, wenn die Gesellschaft ansonsten nicht prüfungspflichtig ist. Fehlt dieser Abschluss ist der Beschluss nach § 241 Nr. 3 AktG analog nichtig. Erfolgt dennoch eine Eintragung ist das Handelsregister, so tritt nach § 242 Abs. 2 AktG analog eine Heilung nach Ablauf von drei Jahren ein. Vor dieser Zeit kann der nichtige Beschluss wiederholt werden.
b) Sacheinlagen
Im Gegensatz zur Bareinlage erbringt der Gesellschafter seine Einlage bei der Sacheinlage nicht durch die Übertragung von Geldmitteln an die Gesellschaft. Es werden vielmehr Sachen (§ 90 BGB) oder Rechte übertragen. Geregelt ist die Sacheinlage in § 9c Abs. 1 S. 2 GmbHG.
Der einzubringende Gegenstand muss im Gesellschaftsvertrag zu bezeichnen. Das Registergericht darf die Eintragung nur ablehnen, wenn Sacheinlagen nicht unerheblich überbewertet worden sind. Es ist also auf eine Plausibilitätskontrolle beschränkt.
Als Sacheinlagen kommen u.a. folgende Vermögensgegenstände in Betracht:
Unternehmensanteile
Betriebsstätten und Teilbetriebe
Immobilien
Maschinen
Betriebs- und Geschäftsausstattung
Forderungen
Vorräte
Immaterielle Vermögensgegenstände (Patente, Marken, Domains usw.)
Fraglich ist, ob auch Geschäftsanteile an Unternehmen, die im Mehrheitsbesitz der Gesellschaft stehen oder die sonst von ihr abhängig sind, Gegenstand einer Sacheinlage sein können.
Die wirksame Sacheinlage setzt voraus, dass der eingebrachte Gegenstand werthaltig ist.
In der Praxis sollten bei der Handelsregisteranmeldung Wertnachweise beigefügt werden, um Verzögerungen zu vermeiden. Bei Gütern sind dies Sachverständigengutachten (z.B. DEKRA-Gutachten bei KfZ). Bei Geschäftsanteilen werden Werthaltigkeitsbescheinigungen des Wirtschaftsprüfers oder Steuerberaters beigefügt.
Bei der Gründung einer GmbH kann die Einlage nicht darin bestehen, dass nur ein Teilbetrag des Stammkapitals als Sacheinlage erbracht wird. Wenn also ein Teil des Kapitals durch eine Sacheinlage erbracht wird, muss der verbleibende Betrag zumindest teilweise in bar erbracht werden.
c) Verdeckte Sacheinlage
Eine verdeckte Sacheinlage liegt vor, wenn zwar formal eine Barleinlage von dem Gesellschafter zu leisten ist, sich die Einlage bei wirtschaftlicher Betrachtung ganz oder teilweise als Sacheinlage darstellt (Legaldefinition in § 19 Abs. 4 S. 1 GmbHG).
Beispiel:
Gesellschafter A verpflichtet sich im Gesellschaftsvertrag der A-GmbH zur Übernahme einer Bareinlage in Höhe von € 30.000,-. Er zahlt diesen Betrag auch auf das Konto der Gesellschaft ein. Zwei Tage später erwirbt aber die Gesellschaft von dessen KfZ zum Preis von € 30.000,-.
Hier liegt eine verdeckte Sacheinlage nach § 19 Abs. 4 GmbHG vor. Rechtlich ist zwar eine Bareinlage erfolgt, wirtschaftlich gesehen hat die Gesellschaft jedoch kein Geld sondern ein KfZ erhalten.
Folge einer verdeckten Sacheinlage ist, dass die Einlageverpflichtung nicht erfüllt wird.Allerding wird der Wert der eingebrachten Sache auf die Zahlungsverpflichtung angerechnet. Maßgeblich ist dabei der Wert zum Zeitpunkt der Handelsregisteranmeldung oder der Überlassung der Sache (der spätere der beiden Zeitpunkte). Die Beweislast für den Wert trägt der Gesellschafter.
Wir eine verdeckte Sacheinlage erkannt, so muss das Registergericht die Eintragung ablehnen. Ferner muss der Notar seine Mitwirkung verweigern. Der Geschäftsführer kann sich durch die Mitwirkung an einer verdeckten Sacheinlage nach § 82 Abs. 1 Nr. 1 GmbHG strafbar machen.
Eine verdeckte Sacheinlage im Sinne des § 19 Abs. 4 GmbHG liegt auch dann vor, wenn die Gesellschaft eine Altforderung des Gesellschafters tilgt und der Gesellschafter den erhaltenen Betrag dann zeitnah im Rahmen einer Kapitalerhöhung an die Gesellschaft zurückerstattet. In diesem Fall ist die Einlageforderung der Gesellschaft erfüllt, wenn der Gesellschafter nachweisen kann, dass die Forderung zu Zeitpunkt der Rückzahlung werthaltig war.
Eine verdeckte Sacheinlage liegt nicht vor, wenn der Gesellschaft gegenüber der Gesellschaft eine Dienstleistung erbringt und diese zu angemessenen Preisen bezahlt wird.
Besondere praktische Bedeutung hat diese Problematik bei der Gründung von GmbH im Rahmen Joint-Ventures, weil hier oft wesentliche Geschäftsbeziehungen zwischen der Joint-Venture GmbH und ihren Gesellschaftern bestehen, die über das Gesellschaftsverhältnis hinausgehen.
Die spätere Heilung einer verdeckten Sacheinlage ist schwierig. Die Heilung wird nach der Eintragung in das Handelsregister teilweise als unzulässig angesehen.
d) Hin- und Herzahlen
Neben der verdeckten Sacheinlage gibt es den Fall des „Hin- und Herzahlens“. Dabei handelt es sich um eine Eigene Fallgruppe neben der verdeckten Sacheinlage.
Beispiel:
Gesellschafter A verpflichtet sich im Gesellschaftsvertrag der A-GmbH zur Übernahme einer Bareinlage in Höhe von € 30.000,-. Er zahlt diesen Betrag auch auf das Konto der Gesellschaft ein. Zwei Tage später zahlt die Gesellschaft das Geld an A als Darlehen zurück.
Hier ist bei wirtschaftlicher Betrachtung der Gesellschaft kein Geld zugeflossen, sondern ein Darlehensrückzahlungsanspruch entstanden. Entgegen § 8 Abs. 2 S. 1 GmbHG ist das Geld nicht zur endgültigen freien Verfügung des Geschäftsführers an die Gesellschaft geleistet worden.
Diesen Vorgang bezeichnet man als „Hin- und Herzahlen“. Eine Regelung findet sich in § 19 Abs. 5 GmbHG.
Eine Erfüllung der Einlageverpflichtung liegt (nur) dann vor, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
1. Es muss ein vollwertiger Rückgewähranspruch vorliegen. Der Darlehensrückzahlungsanspruch muss als werthaltig sein.
2. Der Anspruch muss jederzeit fällig sein.
3. Es muss bei der Registeranmeldung eine Offenlegung der Leistung oder Vereinbarung in der Anmeldung erfolgen (§ 8 GmbHG).
Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist die Einlage wirksam geleistet worden.
Problematisch wird der Vorgang des „Hin- und Herzahlens“, wenn später ein Wertverlust hinsichtlich der Forderung eintritt. Dann muss der Geschäftsführer den Anspruch geltend machen. Ansonsten liegt eine Pflichtverletzung (§ 43 GmbHG) vor, die einen Schadensersatzanspruch der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer auslöst.
e) Zuzahlungen in die Kapitalrücklage
Ohne Änderung des Gesellschaftsvertrages können die Gesellschafter jederzeit eine Zuzahlung in die Kapitalrücklage leisten. Solche Zuzahlungen bedürfen eines Gesellschafterbeschlusses. Wenn die Gesellschafter allerdings nicht entsprechend ihren Kapitalanteilen einzahlen, ist § 7 Abs. 8 ErbStG zu bedenken. Nach dieser Bestimmung führt eine disquotale Zuzahlung zu einer steuerpflichtigen Bereicherung der Mitgesellschafter.
Eine solche Zuwendung kann auch dadurch begründet werden, dass ein Neugesellschafter durch eine Kapitalerhöhung der Gesellschaft beitritt. Die Aufnahme eines Gesellschafters ohne eine dem Verkehrswert entsprechende Einlage oder eine Übertragung von Anteilen unter dem Verkehrswert kann eine Schenkung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG darstellen.
Aus steuerrechtlicher Sicht ist allerdings die Verwendungsreihenfolge nach § 27 KStG zu beachten. Nach dieser Vorschrift kann das Kapital nicht mehr ohne Weiteres steuerfrei an die Gesellschafter zurückgezahlt werden. Bei einem kurzfristigen Finanzierungsbedarf sollte deshalb ein Gesellschafterdarlehen gewährt werden.
f) Genehmigtes Kapital
Nach § 55a GmbHG kann auch bei der GmbH ein sog. Genehmigtes Kapital geschaffen werden. Im Gegensatz zum Aktienrecht führt diese Bestimmung allerdings in der Praxis ein Schattendasein.
Theoretisch denkbar wäre die Nutzung des genehmigten Kapitals im Rahmen einer Ausgabe von Wandelanleihen bei der GmbH. Dem Gläubiger der Anleihe würde dann ein Recht auf Umwandlung in einen Geschäftsanteil eingeräumt werden. In der Praxis wird man für solche Fälle allerdings eine individuelle Vereinbarung zwischen Gläubiger und Gesellschaft vorziehen.
BGH, Urteil vom 16.02.2009 – II ZR 120/07; BGH, Urteil vom 01.02.2010 – II ZR 173/08.