Gesellschafterdarlehen
Neben dem Bankkredit stellen Darlehen von Gesellschaftern in der Praxis eines der wichtigsten Instrumente der Finanzierung einer GmbH dar. Viele rechtliche Fragen rund um die Finanzierung mit Gesellschafterdarlehen sind nach wie vor ungeklärt.
a) Insolvenzanfechtung
Ansprüche aus einem Gesellschafterdarlehen sind nach § 39 Abs. 1 Nr.5 InsO im Insolvenzverfahren gegenüber den Ansprüchen anderer Gläubiger nachrangig. Zahlungen auf solche Ansprüche, die innerhalb eines Jahres vor der Stellung des Insolvenzantrages geleistet werden, sind nach § 135 InsO anfechtbar.
Tritt der Gesellschafter seine Forderung innerhalb eines Jahres vor Antragstellung an einen Dritten ab und werden dann an diesen Dritten Rückzahlungen geleistet, so sind diese ebenfalls anfechtbar. Zu den einem Gesellschafterdarlehen gleichgestellten Forderungen gehören auch Forderungen von Unternehmen, die mit dem Gesellschafter horizontal und vertikal verbunden sind.
Nach § 135 InsO sind Rückzahlungen auf Gesellschafterdarlehen, die innerhalb eines Jahres vor Antragstellung erfolgt sind, anfechtbar. Das gleiche gilt für Zahlungen auf von den Gesellschaftern gesicherte Forderungen. Unerheblich ist dabei, ob sich die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Zahlung bereits in einer insolvenzrechtlichen Krise befand. Darauf kommt es nach diesem Anfechtungstatbestand nicht an.
b) Gleichgestellte Forderung
Nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO sind auch Leistungen auf solche Forderungen anfechtbar, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.
Ist ein Arbeitnehmer zugleich Gesellschafter einer GmbH mit einem Anteil von mehr als 10 %, so kann eine Lohnforderung im Insolvenzfall eine nachrangige Forderung sein. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer seine Lohnforderung nicht durchsetzt. Dann wird in dem Verzicht auf die Durchsetzung der Forderung eine Stundung gesehen. Folge ist, dass die Forderung im Insolvenzfall erst nach Begleichung aller Insolvenzforderungen berücksichtigt wird (§ 39 Nr. 5 InsO).
Grundsätzlich ist die Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO für ein Jahr vor Stellung des Insolvenzantrages anfechtbar. Ist jedoch für das Darlehen eine Sicherheit bestellt, so kann die Rückzahlung 10 Jahre lang angefochten werden, weil § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO die Anfechtbarkeit der Sicherheitenbestellung regelt. Diese Regelung gilt im Falle des Gesellschafterdarlehens dann auch für die Rückzahlung. Die Entscheidung des BGH wird zu Recht kritisiert. Sie führt im Ergebnis dazu, dass gesicherte Gesellschafterdarlehen gegenüber ungesicherten Darlehen erheblich benachteiligt werden. Dieses Ergebnis erscheint überraschend. Bei Darlehen innerhalb einer Unternehmensgruppe sollte wegen dieser Entscheidung grundsätzlich auf Besicherung verzichtet werden. Es stellt sich dann aber die Frage, ob ein solche Darlehen in steuerrechtlicher Hinsicht dem Fremdvergleich standhält.
Wenn innerhalb von Unternehmensgruppen Sicherheiten durch die Abgabe von Bürgschaften oder Garantien (im vorliegenden Fall z.B. eine Garantie der Tochtergesellschaft für die Muttergesellschaft), so werden diese oft von Vereinbarungen über Verwertungsbeschränkungen (sog. Limitation Language) begleitet. Inhalt dieser Verwertungsbeschränkung ist, dass die Verwertung der Sicherheit ausgeschlossen ist, wenn die Auszahlung zu einem Verstoß gegen das Kapitalerhaltungsgebot (§ 30 Abs. 1 GmbHG) führen würde. Eine solche Verwertungsbeschränkung findet allerdings in der Insolvenz des Sicherungsgebers keine Anwendung.
c) Steuerliche Aspekte
Grundsätzlich ist der Zinsertrag beim Darlehensgeber nach § 32d Abs. 1 EStG mit der Abgeltungssteuer von 25 % zu besteuern. Das gilt nach § 32d Abs. 2 EStG nicht, wenn der Darlehensgeber eine nahestehende Person ist. Dabei reicht es nach Ansicht des BFH nicht aus, dass es sich um eine „nahestehende Person“ im Sinne des § 15 AO handelt. Der BFH fordert vielmehr einen beherrschenden Einfluss auf den Darlehensgeber voraus. Das kann bei verwandtschaftlichen Beziehungen im Regelfall nicht angenommen werden.
Damit kann die Finanzierung des Unternehmens durch Darlehen von Angehörigen eine steuerlich interessante Gestaltung darstellen.
d) Rangrücktritt
Im Krisenfall werden Gesellschafterdarlehen oft mit einer Rangrücktrittsvereinbarung versehen, um eine insolvenzrechtliche Überschuldung zu vermeiden. Gleichwohl kann eine solche Vereinbarung auch bereits bei Abschluss eines Darlehensvertrages geschlossen werden. Auch ein Darlehen eines Dritten kann mit einem Rangrücktritt versehen werden.
Eine Rangrücktrittsvereinbarung stellt einen Vertrag über eine Änderung des Schuldverhältnisses dar. Da diese Änderung auch zu Gunsten der Gläubiger wirkt, kann eine solche Vereinbarung nicht mehr durch eine Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger der Forderung aufgehoben werden. Werden auf eine solche Forderung nach Eintritt der Insolvenzreife Zahlungen geleistet, so erfolgt die Zahlung ohne Rechtsgrund. Damit kann der Schuldner diese nach den Bestimmungen des Bereicherungsrecht (§§ 812ff. BGB) zurückfordern. Im Falle der Insolvenz kann der Insolvenzverwalter die Zahlungen nach § 134 InsO als unentgeltliche Leistungen anfechten.
Die Auszahlung eines Gesellschafterdarlehens von dem Gesellschafter an die Gesellschaft ist keine unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 InsO und unterliegt daher nicht der Anfechtung nach dieser Vorschrift. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der das Darlehen gebende Gesellschafter seine Forderung im Insolvenzverfahren nur nachrangig geltend machen kann.
Dieser Rangrücktritt sollte so ausgestaltet sein, dass ertragsteuerlich weiterhin eine Verbindlichkeit besteht. Grundsätzlich führt eine Rangrücktrittvereinbarung dazu, dass die entsprechende Verbindlichkeit in der Steuerbilanz der Gesellschaft nach § 5 Abs. 2a EStG nicht mehr passiviert werden kann. Allerdings soll dann in Höhe des werthaltigen Wegfalls der Forderung eine Einlage in das Vermögen der Gesellschaft erfolgen. Unklar bleibt damit, wie sich dieser Vorgang auf der Ebene der Gesellschafter auswirkt.
Wird ausnahmsweise eine Forderung, die der Umsatzsteuer unterlegen ist (z.B. eine Forderung aus Lieferung) mit einem Rangrücktritt belegt, so führt dies dazu, dass nach § 17 UStG durch den Rangrücktritt die Vorsteuerabzugsberechtigung entfällt.
Für ein mit einem Rangrücktritt versehenes Darlehen kann darf dem Darlehensgeber keine Sicherheit aus dem Vermögen der Gesellschaft gewährt werden. Wird der Rangrücktritt erst nachträglich vereinbart, sind daher eventuell bestehende Sicherheiten aufzuheben.
Aus strafrechtlicher Sicht stellt sich die Frage, ob und ggf. inwieweit die Zahlung auf ein mit einem Rangrücktritt versehenes Gesellschafter Darlehen in der Krise strafbar ist. Bei einem qualifizierten Rangrücktritt macht sich der Geschäftsführer, der eine solche Zahlung veranlasst nach § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar. Liegt kein Rangrücktritt vor, so kommt eine Strafbarkeit nur nach § 283c StGB in Betracht. Das setzt aber eine inkongruente Gläubigerbenachteiligung voraus.