Haftung gegenüber der Gesellschaft

Neben der allgemeinen Sorgfaltspflicht gibt es noch weitere Anspruchsgrundlagen. Hier sind vor allem die Schädigung der Gesellschaft durch eine verspätete Antragstellung sowie die Haftung für masseschmälernde Zahlungen zu nennen.

Über die Einlegung eines Rechtsmittels in einem Rechtsstreit gegen den abberufenen Geschäftsführer entscheidet die Gesellschafterversammlung, wenn diese auch für die bisherige Führung des Verfahrens zuständig war. Dementsprechend kann der Geschäftsführer in einem solchen Fall für die Einlegung des Rechtsmittels auch keine Prozessvollmacht an einen Rechtsanwalt erteilen.[1]

a) Allgemeine Sorgfaltspflicht (§ 43 GmbHG)

Die Grundnorm für die Haftung des Geschäftsführers gegenüber der Gesellschaft ist § 43 GmbHG. Danach hat der Geschäftsführer die Gesellschaft mit der „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes“ (sog. Business Judgement Rule) zu leiten.[2] Nach § 43 Abs.2 GmbHG haftet der Geschäftsführer auf Schadensersatz, wenn er diese Verpflichtung verletzt.

Pflichtverletzung

Bei der Anwendung des § 43 Abs. 2 GmbHG gilt der Grundsatz, dass dem Geschäftsführer ein weites unternehmerisches Ermessen bei seinen Entscheidungen zugestanden werden muss. Eine Verpflichtung zur Einrichtung eines Compliance-Systems besteht bei der GmbH grundsätzlich nicht.[3] Allerdings kann bei größeren Gesellschaften in dem Nichtbestehen eines Compliance Management Systems eine Pflichtverletzung gesehen werden.[4]

Der Geschäftsführer einer GmbH haftet nach § 43 Abs. 2 GmbHG für Zahlungen, die ohne vertragliche Grundlage an einen Mitgeschäftsführer geleistet werden, wenn er diese Zahlungen duldet. Der Geschäftsführer ist verpflichtet, solche Zahlungen zu verhindern bzw. zu unterbinden.[5]

Allein die Einführung eines Compliance-Systems ist nicht geeignet, den Vorwurf der Untreue durch das Unterhalten schwarzer Kassen zu beseitigen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Angeklagte die schwarzen Kassen selbst geführt hat und Hinweise auf deren Fortbestand hatte.[6]

Wenn sich ein Geschäftsführer im Haftungsprozess darauf beruft, ein bestimmtes Geschäft habe den Grundsätzen einer ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleitung entsprochen, so muss er die Voraussetzungen der Pflichtverletzung durch einen substantiierten Vortrag im Einzelnen widerlegen.[7]

Ein Geschäftsführer haftet für gesetzeswidriges Verhalten auch dann, wenn dieses subjektiv im Interesse der Gesellschaft lag: Ein Geschäftsführer hatte im Rahmen eines Prozesses im Interesse der GmbH falsch vortragen lassen und Urkunden gefälscht, um einen berechtigten Anspruch eines Dritten abzuwehren. Als die Gesellschaft den Prozess dennoch verlor, verlangte sie von dem Geschäftsführer Schadensersatz in Höhe der angefallenen Prozesskosten. Dieser Anspruch besteht, weil das Verhalten des Geschäftsführers gesetzeswidrig war. Auch der Umstand, dass der Geschäftsführer "im Interesse der Gesellschaft" handelte, ändert daran nichts.[8] Die Entscheidung zeigt, dass der Geschäftsführer bei seiner Amtsführung an Recht und Gesetz gebunden ist. Der Zweck heiligt die Mittel nicht.

Erlässt das Bundeskartellamt rechtmäßig einen Bußgeldbescheid gegen ein Unternehmen wegen Verstoßes gegen das Kartellrecht, so begründet dies nicht ohne Weiteres einen Haftungsanspruch des Unternehmens gegen seinen Geschäftsführer. Der Bußgeldbescheid begründet keinen Anscheinsbeweis für den Nachweis einer Pflichtverletzung und eines Verschuldens für einen Anspruch gegen den Geschäftsführer nach § 43 Abs. 2 GmbHG. Die Gesellschaft muss deshalb auch in einer solchen Konstellation die für die Pflichtverletzung maßgeblichen Tatsachen beweisen.[9]

Die Frage, ob eine gegen ein Unternehmen verhängte Kartellgeldbuße von diesem auf den Geschäftsführer abgewälzt werden kann, sind die Arbeitsgerichte nicht zuständig. Nach § 87 GWB ist eine ausschließliche Zuständigkeit der Kartellkammer des Landgerichts begründet. Bei der Frage, ob ein Geschäftsführer gegenüber dem Unternehmen für verhängte Geldbuße haftet, handelt es sich um eine kartellrechtliche Vorfrage.[10]

Wird gegen eine Gesellschaft eine Geldbuße wegen rechtswidriger Kartellabsprachen verhängt, so kann die Gesellschaft von dem handelnden Geschäftsführer grundsätzlich keine Erstattung verlangen.[11]

Bei einem Unternehmenskauf hat der Geschäftsführer des Verkäufers die Verhandlungen sorgfältig zu führen und den Gremien des Unternehmens (Aufsichtsrat, Gesellschafterversammlung) zu berichten. Ferner hat er - je nach Ausgestaltung der Satzung und des Verhandlungsmandats - Zustimmungen einzuholen. Eine Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG kommt aber nur in Betracht, wenn die Gesellschaft ein pflichtwidriges Verhalten des Geschäftsführers darlegen kann. Weitere Voraussetzung ist dann, dass der Gesellschaft aus diesem pflichtwidrigen Verhalten ein Schaden entstanden ist.[12]

Bei einer sog. Projektgesellschaft (z.B. bei der Errichtung von Windparks) muss der Geschäftsführer für die Einhaltung der Pflichten der Gesellschaft im Zusammenhang mit dem Planungsprozess sorgen. Der Geschäftsführer kann sich diesen Pflichten nicht durch einfache Delegation entziehen. Vielmehr muss er im Sinne eines funktionierenden Compliance- und Berichtsystems die Einhaltung der Pflichten überwachen.[13]

Bei der Festsetzung eines Bußgeldes gegen eine juristische Person ist für die Bußgeldhöhe das Maß der Vorwerfbarkeit entscheidend. Dabei ist auch zu berücksichtigen, ob das Management seiner Pflicht zur Einrichtung eines Compliance-Management-Systems nachgekommen ist. Hat das Management ein effektives System zur Verhinderung von Rechtsverstößen aufgebaut und durchgesetzt, so ist die bei der Bemessung des Bußgeldes zugunsten des Unternehmens zu berücksichtigen.[14]

Mitverschulden

Grundsätzlich kann der Geschäftsführer sich nicht auf ein mögliches Mitverschulden der Gesellschafterversammlung (oder eines anderen Organs) berufen.[15]

Die Haftung des Vorstandes einer Stiftung wird nicht nach § 254 BGB (Mitverschulden) dadurch gemindert, dass ein anderes Stiftungsorgan (hier das Kuratorium) für die Pflichtverletzung mitverantwortlich ist (z.B. durch unzureichende Überwachung).[16] Der Gedanke lässt sich auch auf andere Rechtsformen übertragen: Auch bei der Aktiengesellschaft wird eine Pflichtverletzung des Vorstandes nicht durch ein Mitverschulden des Aufsichtsrates relativiert.

Darlegungs- und Beweislast

In einem Prozess wegen (angeblicher) Verletzung von Geschäftsleiterpflichten durch das Vorstandsmitglied einer Aktiengesellschaft muss die AG Indizien vortragen, aus denen sich eine mögliche Pflichtwidrigkeit der Handlungen des Vorstands ergibt. Erst wenn hier hinreichende Tatsachen vorliegen, greift die Beweislastumkehr nach § 93 Abs. 2 AktG, so dass dann der Vorstand darlegen muss, warum er seine Pflichten ordnungsgemäß erfüllt hat.[17] Diese Entscheidung gilt für die GmbH entsprechend.

Internationale Zuständigkeit

Bei internationalen Rechtsstreitigkeiten innerhalb der EU richtet sich die Zuständigkeit der Gerichte nach der VO (EU) Nr. 1215/2012 ("Brüssel Ia-VO"). Danach kann eine Klage des Arbeitgebers gegen den einen Arbeitnehmer nur am Wohnsitz des Arbeitnehmers erhoben werden. Dies gilt auch, wenn die Gesellschaft Ansprüche aus der Verletzung eines Geschäftsführeranstellungsvertrages oder aus der Verletzung gesellschaftsrechtlicher Pflichten geltend macht. Voraussetzung ist allerdings, dass der Geschäftsführer den Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliegt und keinen wesentlichen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben kann.[18] Im Ergebnis kann bei einer deutschen GmbH damit eine Klage gegen einen Geschäftsführer nur an dessen Wohnsitz erhoben werden, wenn dieser an der Gesellschaft nicht beteiligt oder nur einer Minderheitsbeteiligung hält. Bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer mit einer Mehrheitsbeteiligung ist die Entscheidung nicht anwendbar.

Klage wegen Ansprüchen auf Schadensersatz aus §§ 116, 93 Abs. 2 AktG, die von der Gesellschaft gegen Mitglieder des Vorstandes oder Aufsichtsrates geltend gemacht werden, können am Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO) geltend gemacht werden. Das ist der Ort des Sitzes der Gesellschaft.[19] Diese Entscheidung dürfte auf die GmbH übertragbar sein.

b) Insolvenzverschleppung

In der Praxis von besonders großer Bedeutung ist die Haftung wegen Insolvenzverschleppung. Dabei wird im Regelfall durch den Insolvenzverwalter der Anspruch auf Ersatz des Schadens geltend gemacht, der durch eine verspätete Stellung des Insolvenzantrages entstanden ist.

Anspruchsvoraussetzungen

Der Geschäftsführer ist nach § 15a InsO zur Stellung eines Insolvenzantrages verpflichtet, wenn ein Insolvenzgrund, also Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) oder Überschuldung (§ 19 InsO) vorliegt. Verletzt der Geschäftsführer diese Antragspflicht, so ist er der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet.

Der Geschäftsführer einer GmbH muss dafür sorgen, dass sein Unternehmen so organisiert ist, dass er jederzeit die Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft hat.[20] Der Geschäftsführer kann sich grundsätzlich damit entlasten, dass er einen fachkundigen Berater mit der Prüfung der Insolvenzgründe beauftragt hat. Allerdings muss er dann alle Informationen zur Verfügung stellen und auf eine unverzügliche Vorlage des Prüfungsergebnisses hinwirken.[21]

Grundsätzlich haftet der Geschäftsführer einer GmbH gegenüber den Gläubigern für den Schaden, der diesen aus einer verspäteten Stellung eines Insolvenzantrages entsteht. Voraussetzung ist aber, dass der Schaden vom Schutzzweck der Insolvenzantragspflicht umfasst ist. Deshalb haftet der Geschäftsführer nicht für Schaden, die durch deliktische Handlungen Dritter verursacht werden. Im konkreten Fall hatte die insolvenzreife GmbH vertragswidrig eine minderwertige Tür in ein Gebäude eingebaut. Dies begünstigte einen Einbruchdiebstahl. Der aus dem Einbruch entstandene Schaden ist aber nicht als Insolvenzverschleppungsschaden ersatzfähig.[22]

Darlegungs- und Beweislast

Dabei trägt der Gläubiger (meist der Insolvenzverwalter) die Beweislast für die Anspruchsvoraussetzungen. Auch das Vorliegen einer Überschuldung ist vom Gläubiger nachzuweisen. Allein die strafrechtliche Verurteilung wegen Insolvenzverschleppung ist insoweit nicht ausreichend.[23] Der Insolvenzverwalter muss allerdings lediglich eine rechnerische Überschuldung zu Liquidationswerten vortragen. Der Nachweis der positiven Fortbestehensprognose obliegt dem Geschäftsführer.[24]

Verletzt der Geschäftsführer die Verpflichtung zur Aufbewahrung von Belegen und zur Buchführung, so gilt zu Gunsten eines Gläubigers eine Zahlungseinstellung als bewiesen nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung.[25]

In einem Verfahren zwischen dem Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH und deren Geschäftsführer ist oft die Frage streitig, wann die Überschuldung der Gesellschaft eingetreten ist. Grundsätzlich ist die Überschuldung von dem Insolvenzverwalter zu beweisen. Diesen Vortrag kann der Insolvenzverwalter durch die Vorlage einer Handelsbilanz mit einem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag sowie der Behauptung, es seien keine stillen Reserven vorhanden, liefern. In dieser Situation trifft den Geschäftsführer die sog. sekundäre Beweislast. Er muss dann vortragen, welche nicht in der Bilanz abgebildeten Vermögenswerte in der Gesellschaft noch vorhanden waren.[26]

Bei der Beurteilung der tatsächlichen Voraussetzungen einer Zahlungsunfähigkeit kann das Gericht den Umstand würdigen, dass der Geschäftsführer bei der Anmeldung von Gläubigerforderung im Insolvenzverfahren keinen Widerspruch gegen die Feststellung zur Insolvenztabelle erhoben hat. Allerdings entfalten diese Feststellungen keine Rechtskraftwirkung zu Lasten des Geschäftsführers, so dass grundsätzlich über Einwendungen gegen die Forderungen Beweis zu erheben ist.[27]

c) Schmälerung der Insolvenzmasse (§ 64 GmbHG)

Anspruchsvoraussetzungen

Nach § 64 GmbHG haftet der Geschäftsführer grundsätzlich für alle Zahlungen, die er nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung geleistet hat.[28] Ist die GmbH nach § 15a Abs. 3 InsO führungslos, so geht die Haftung auf die Gesellschafter über.[29]

Ein Anspruch aus § 64 GmbHG gegen den Geschäftsführer einer GmbH ist nicht gegeben, wenn der Geschäftsführer den Einzug von Forderungen auf ein debitorisches Bankkonto veranlasst, wenn diese Forderungen vor Eintritt der Insolvenzreife zur Sicherheit an die Bank abgetreten worden sind.[30]

Zahlungen Dritter auf ein debitorisches Konto der Gesellschaft bei einer Bank stellen grundsätzlich nach Insolvenzreife verbotetene Zahlungen nach § 64 GmbHG dar. Das folgt daraus, dass wirtschaftlich eine Zahlung an die Bank vorliegt. Von diesem Grundsatz gibt es allerdings zwei wichtige Ausnahmen: Eine Zahlung im Sinne des § 64 GmbHG liegt nicht vor, wenn die bezahlte Forderung bereits vor Eintritt der Insolvenzreife entstanden war und an die Bank zur Sicherheit abgetreten war. Ferner liegt eine Zahlung nicht vor, wenn die Forderung die Gegenleistung für die Lieferung einer an die Bank sicherungsübereigneten Ware war.[31]

Diese Ausnahmen betonen den Umstand, dass § 64 GmbHG immer eine Schmälerung der Insolvenzmasse voraussetzt.

Ausschluss der Haftung

Die Haftung nach § 64 GmbHG besteht jedoch nicht, wenn die Zahlung aufgrund einer Vollstreckungsmaßnahme des Finanzamtes erfolgte.[32] Ebenso besteht keine Haftung bei Zahlung von Umsatz- und Lohnsteuer sowie Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung.[33] Gegen diesen Anspruch kann er grundsätzlich nicht mit rückständigen Gehaltszahlungen aufrechnen, die ihm von der Gesellschaft noch zustehen. Der Aufrechnung steht § 96 Abs. 1 Nr. 3 InsO entgegen, weil die Aufrechnungslage durch anfechtbare Rechtshandlung entstanden ist. Diese Rechtshandlung sieht der BGH in der Veranlassung der Zahlungen.[34]

Zieht der Geschäftsführer einer Gesellschaft Forderungen auf ein debitorisches Bankkonto ein, so liegt keine Schmälerung der Insolvenzmasse vor, wenn diese Forderung zuvor zur Sicherung an die Bank abgetreten worden waren. Dementsprechend haftet der Geschäftsführer nicht nach § 64 S. 1 GmbHG.[35]

Eine Haftung des Geschäftsführers aus § 64 GmbHG ist nicht gegeben, soweit durch eine Zahlung keine Schmälerung der Insolvenzmasse eintritt, weil diese Schmälerung durch einen unmittelbar mit der Zahlung zusammenhängenden Wertzufluss ausgeglichen wird. Voraussetzung ist nicht, dass der zugeflossene Wert bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch vorhanden ist.[36] Im konkreten Fall ging es um die Rückzahlung eines revolvierenden Darlehens. Hier lehnt der BGH die Haftung wegen der Darlehensrückzahlung ab, weil das Darlehen kurz darauf wieder gewährt worden war.

Die Haftung des Geschäftsführers für masseverkürzende Zahlungen entfällt nur dann, wenn der GmbH zeitlich nach der Zahlung ein gleichwertiger Vermögenswert zufließt. Vorleistungen des Zahlungsempfängers lassen die Haftung nicht entfallen.[37]

Im Rahmen der Haftung des Geschäftsführers nach § 64 GmbHG kann eine Haftung nur insoweit entfallen, wie durch die Zahlung eine gleichwertige Gegenleistung in das Vermögen der Gesellschaft gelangt. Das ist bei Arbeits- und Dienstleistungen regelmäßig nicht der Fall. Die Regeln der Bargeschäfts (§ 142 InsO) sind in diesem Zusammenhang nicht entsprechend anwendbar.[38]

Internationale Zuständigkeit

Für Klagen des Insolvenzverwalters auf der Grundlage von § 64 GmbH sind die Gerichte des Staates, in dem das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet wurde nach Art. 3 Abs. 1 EUGVVO zuständig. Das gilt auch dann, wenn der beklagte Geschäftsführer seinen Wohnsitz außerhalb der Europäischen Union hat.[39]

Prozessuale Fragen

Bei Klagen, mit denen der Insolvenzverwalter Ansprüche nach § 64 GmbHG geltend macht ist ein Gerichtsstand am Sitz der Gesellschaft begründet. Dies folgt aus § 29 ZPO als Gerichtsstand des Erfüllungsortes, weil die Verpflichtung an diesem Ort zu erfüllen ist.[40]

In einem Verfahren gegen einen ehemaligen oder auch gegenwärtigen Geschäftsführer wird eine GmbH grundsätzlich durch die (übrigen) Geschäftsführer vertreten. Etwas anderes kann sich aus der Satzung ergeben. Ferner kann die Gesellschafterversammlung nach § 46 Nr. 8 alt. 2 GmbHG einen besonderen Vertreter bestellen.[41]

Ein solcher Beschluss ist auch erforderlich, wenn ein Minderheitsgesellschafter Schadensersatzansprüche gegen den Geschäftsführer gegen den Willen der Mehrheit verfolgen will.[42] In solchen Fällen kann die Mehrheit aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht verpflichtet sein, die Anspruchsverfolgung zu unterstützen.

Eine Streitverkündung einer GmbH an ihren Geschäftsführer bedarf allerdings nicht eines vorherigen Beschlusses der Gesellschafterversammlung.[43]

d) Besonderheiten bei der GmbH & Co. KG

Bei der GmbH & Co KG haftet der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH grundsätzlich auch für Sorgfaltspflichtverletzungen gegenüber der KG.[44]

Der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH haftet grundsätzlich auch gegenüber der KG für Pflichtverletzungen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Leitung der KG die wesentliche Aufgabe der GmbH ist. Damit sind auch die Haftungsgrundsätze des GmbH-Rechts hier anwendbar. Ein pflichtwidriges Handeln scheidet demnach im Regelfall aus, wenn sämtliche Gesellschafter die Handlungen des Geschäftsführers billigen. So liegt z.B. in dem Abschluss eines Honorarvertrages mit einem Berater (hier Rechtsanwaltskanzlei) keine Pflichtverletzung, wenn das Honorar die gesetzlichen Gebühren erheblich übersteigt, aber gleichwohl noch angemessen ist und die Gesellschafter damit (ggf. auch stillschweigend) einverstanden sind.[45]

Der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH bei einer GmbH & Co. KG haftet für Auszahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen der KG nach § 30 Abs. 1 GmbHG in Verbindung mit § 43 Abs. 2 GmbHG, wenn durch die Auszahlung eine Unterbilanz entsteht oder vertieft wird. Die Haftung besteht gegenüber der KG.[46]

e) Inanspruchnahme von Rechtsrat

In vielen Situationen kann der Geschäftsführer oder Vorstand gehalten sein, Rechtsrat im Zusammenhang mit unternehmerischen Entscheidungen einzuholen. In einem späteren Haftungsverfahren kann der Einwand, man habe sich rechtlich beraten lassen, ein erhebliches Gewicht haben.

Auch hier sind jedoch gewisse Standards zu beachten:[47]

1. Der Geschäftsleiter (GF oder Vorstand) muss den Beratungsbedarf identifizieren bzw. (bei größeren Unternehmen) dafür sorgen, dass rechtlicher Beratungsbedarf identifiziert wird.

2. Der Beratungsauftrag muss an einen qualifizierten und unabhängigen Berater erteilt werden. Die Qualifikation wird der Auftraggeber nur anhand formaler Titel (z.B. Fachanwalt) feststellen können. Unabhängigkeit bedeutet, dass darauf zu achten ist, dass der Berater kein Interesse an einem bestimmten Ausgang der Prüfung hat. So sollte z.B. der mit der Abschlussprüfung betraute Wirtschaftsprüfer nicht damit beauftragt werden, die Überschuldung des Unternehmen im Rahmen der Insolvenzantragspflicht zu prüfen.

3. Der Berater muss vollständig, wahrheitsgemäß und umfassend über den zu prüfenden Sachverhalt informieren. Evtl. Nachfragen des Beraters müssen umfassend beantwortet werden.

4. Der Auftrag und die für die Erledigung zur Verfügung stehende Zeit sollten schriftlich fixiert werden.

5. Das Ergebnis der Beratung ist im Regelfall schriftlich mitzuteilen.

6. Der Geschäftsleiter muss das Beratungsergebnis einer Plausibilitätskontrolle unterziehen. Er hat dabei insbesondere auf Begründungsschwächen und Widersprüche in der Argumentation zu achten. Verbleibende Zweifel sind durch Rückfragen oder - im Extremfall - das Einholen einer zweiten Meinung auszuräumen. Auch diese Prüfung sollte der Geschäftsleiter grundsätzlich schriftlich dokumentieren.

Wenn die vorstehenden Standards eingehalten werden, kann sich der Geschäftsleiter später auch auf das Vertrauen auf einen Rechtsrat berufen.

f) Vertragliche Haftungsbeschränkung

Die Haftung des Geschäftsführers kann durch vertragliche Vereinbarung beschränkt werden. Hier bieten sich vor allem entsprechende Regelungen im Anstellungsvertrag an. Die Haftungsbeschränkung kann dabei bei mehreren Parametern ansetzen:[48]

Modifizierung des Verschuldensmaßstabes: Haftung nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit.

Vereinbarung von Ausschluss- und Verjährungsfristen

Einführung einer summenmäßigen Haftungsbeschränkung

Regelungen über die Verteilung der Beweislast


[1] BGH, Beschluss vom 02.02.2016 - II ZB 2/15.

[2] Vgl. dazu Goette/Goette DStR 2016, 815.

[3] Vgl. aber Kort GmbHR 2013, 566.

[4] Zu arbeitsrechtlichen Fragen bei der Einführung solcher Systeme vgl. Stück GmbHR 2016, 561.

[5] OLG München, Endurteil vom 22.10.2015 - 23 U 4861/15.

[6] BGH, Urteil vom 06.09.2016 - 1 StR 104/15.

[7] OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.01.2015 - I-6 U 48/14.

[8]OLG Karlsruhe, Urteil vom 31. 07.2013 – 7 U 184/12.

[9]ArbG Essen, Urteil vom 19. 12.2013 – 1 Ca 658/13.

[10] BAG, Urteil vom 29.06.2017 - 8 AZR 189/15.

[11] LAG Düsseldorf, Teilurteil vom 20.01.2015 - 16 Sa 459/14; vgl dazu Bayer/Scholz GmbHR 2015, 449.

[12] OLG München, Urteil vom 08.08.2015 - 7 U 3130/14.

[13] Volkmann GmbHR 2016, 1068.

[14] BGH, Urteil vom 09.05.2017 - 1 StR 265/16; Wilsing/Goslar GmbHR 2017, 1202.

[15] Grundlegend BGH, Urteil vom 14.03.1983 – II ZR 103/82; kritisch dazu Bayer/Scholz GmbHR 2016, 841.

[16] BGH, Urteil vom 20.11.2014 - III ZR 509/13.

[17] OLG Nürnberg, Beschluss vom 28.10.2014 - 12 U 567/13.

[18] EuGH, Urteil vom 10.09.2015 - C-47/14.

[19] OLG München, Beschluss vom 21.12.2016 - 34 AR 135/16.

[20] BGH, Versäumnisurteil vom 19.06.2012 II ZR 243/11.

[21] BGH, Urteil vom 27. 03.2012 – II ZR 171/10.

[22] BGH, Urteil vom 21.10.2014 - II ZR 113/13.

[23] Thüringer Oberlandesgericht, Urteil vom 30. 07.2009 – 1 U 217/07.

[24] BGH, Urteil vom 18. 10.2010 – II ZR 151/09.

[25] BGH, Versäumnisurteil vom 24.01.2012 – II ZR 119/10.

[26] BGH, Urteil vom 19. 11.2013 – II ZR 229/11.

[27] BGH, Urteil vom 26.01.2016 - II ZR 394/13.

[28] Zusammenfassend dazu von Woedtke GmbHR 2016, 280.

[29] Beck GmbHR 2017, 181.

[30] BGH, Urteil vom 23.06.2015 - II ZR 366/14.

[31] BGH, Urteil vom 08.12.2015 - II ZR 68/14.

[32] OLG München, Urteil vom 19.01.2011 – 7 U 4342/10.

[33] BGH, Urteil vom 25. 01.2011 – II ZR 196/09.

[34] BGH, Urteil vom 19. 11.2013 – II ZR 18/12.

[35] BGH, Urteil vom 26.01.2016 - II ZR 394/13.

[36] BGH, Urteil vom 18.11.2014 - II ZR 231/13.

[37] OLG München, Urteil vom 22.06.2017 - 23 U 3769/16.

[38] BGH, Urteil vom 04.07.2017 - II ZR 319/15.

[39] EuGH, Urteil vom 04.12.2014 - C-295/13.

[40] OLG München, Beschluss vom 18.05.2017 - 34 AR 80/17.

[41] BGH, Beschluss vom 22.03.2016 - II ZR 253/15.

[42] Werner GmbHR 2017, 849.

[43] Horn GmbHR 2017, 1024.

[44] KG Berlin, Urteil vom 24. 02.2011 – 19 U 83/10.

[45] BGH, Urteil vom 18. 06.2013 – II ZR 86/11.

[46] BGH, Urteil vom 09.12.2014 - II ZR 360/13.

[47] Vgl. auch Gottschalk/Weng GWR 2013, 243; Decker GmbHR 2014, 72; Steber DStR 2015, 2391; Lange GmbHR 2015, 1234.

[48] Ausführlich Werner GmbHR 2014, 792.

 

Kanzlei Henning Schröder
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