Faktischer Geschäftsführer

a) Begriff des faktischen Geschäftsführers

Neben dem Geschäftsführer kann auch der "faktische" Geschäftsführer Adressat gesellschaftsrechtlicher (und auch strafrechtlich relevanter) Pflichten sein.[1] Der faktische Geschäftsführer ist formal nicht als solcher bestellt, verfügt aber über einen wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung.

Hinzu kommen muss aber in jedem Fall die Ausübung von typischen Befugnissen eines Geschäftsführers im Außenverhältnis. Auch das Vorliegen einer Bankvollmacht ist in diesem Zusammenhang ein wesentliches Indiz.[2]

Die Haftung des faktischen Geschäftsführers ist restriktiv zu handhaben. Eine Haftung kommt nicht in Betracht, wenn der Handelnde nicht in einem für eine Geschäftsführung „üblichen“ Maße nach außen in Erscheinung tritt.[3] Für die Beendigung der faktischen Geschäftsführung reicht es auf der anderen Seite nicht, wenn der Geschäftsführer längere Zeit nicht mehr tätig wird. Erforderlich ist vielmehr, dass sich der Betroffene von der Geschäftsführung aktiv und deutlich erkennbar lossagt.[4] Teilweise wird auch vertreten, dass der faktische Geschäftsführer in irgendeiner Form in das Amt berufen worden sein muss. Damit wären dann (nur) Fälle erfasst, in denen der Bestellungsakt (zum Beispiel wegen eines Verstoßes gegen § 6 GmbHG) unwirksam ist.[5]

Für die Frage, ob jemand als faktischer Geschäftsführer anzusehen ist, kommt es auf das Gesamtbild seines Auftretens nach außen an. Nicht entscheidend ist, dass der faktische Geschäftsführer die bestehende Geschäftsführung vollständig verdrängt. Entscheidend ist allein, dass er die Tätigkeit des Unternehmens durch eigenes Handeln nach außen maßgeblich prägt. Im konkreten Fall war dies gegeben, weil der faktische Geschäftsführer die Tageseinnahmen an sich nahm und auf ein Privatkonto einzahlte.[6]

Neben dem formal bestellten Geschäftsführer kann sich auch der sog. Faktische Geschäftsführer haftbar machen.

b) Haftung für Insolvenzverschleppung

Auch der sog. faktische Geschäftsführer einer GmbH kann Täter einer Insolvenzverschleppung nach § 15a Abs. 4 InsO sein. Unter einem faktischen Geschäftsführer in diesem Sinne ist eine Person zu verstehen, die im Einverständnis mit den Gesellschaftern die Geschäftsführung übernimmt, ohne dabei formal als Geschäftsführer bestellt zu werden. Dabei muss er gegenüber dem formal bestellten Geschäftsführer eine "überragende Stellung" einnehmen.[7]



[1] Zur steuerrechtlichen Haftung vgl. Krause/Meier DStR 2014, 905.

[2] BGH, Beschluss vom 13.12.2012 – 5 StR 407/12.

[3] OLG München, Urteil vom 08.09.2010 – 7 U 2568/10.

[4] Böge GmbHR 2014, 1121.

[5] Peetz GmbHR 2017, 57.

[6] LG Hannover, Urteil vom 08.02.2016 - 1 O 169/13.

[7] BGH, Beschluss vom 18.12.2014 - 4 StR 323/14.

 

Kanzlei Henning Schröder
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