Insolvenzverfahren
Das Insolvenzverfahren dient der Abwicklung oder Sanierung der Gesellschaft im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten.
a) Insolvenzantragstellung
Ein Insolvenzverfahren wird stets nur auf Antrag eingeleitet. Eine Einleitung von Amts wegen kommt nicht in Betracht. Antragsberechtigt sind Schuldner und jeder Gläubiger. Die gesetzliche Grundlage findet sich in § 13 InsO. Im Regelfall erfolgt die Antragstellung durch den Schuldner. Gläubigeranträge werden in der Praxis insbesondere durch Sozialversicherungsträger und das Finanzamt gestellt. Sonstige Gläubiger sind selten Antragsteller.
Antragsberechtigung beim Schuldner
Der Insolvenzantrag kann nach § 15 InsO von jedem Mitglied eines Vertretungsorgans oder jedem persönlich haftenden Gesellschafter gestellt werden. Damit kann z.B. jeder Geschäftsführer einer GmbH einen Insolvenzantrag stellen, ohne dass es auf seine Vertretungsbefugnis ankommt. Ist ein Insolvenzantrag allerdings nicht durch sämtliche Mitglieder des Vertretungsorgans unterzeichnet, so muss der Insolvenzgrund nach § 15 Abs. 2 InsO glaubhaft gemacht werden. Eine Glaubhaftmachung erfolgt in der Praxis durch die Vorlage von Unterlagen (z.B. Bilanzen, BWA, Kontoauszüge etc.) sowie ergänzend durch die Abgabe von eidesstattlichen Versicherungen.
Ein Insolvenzantrag sollte allerdings nur nach Rücksprache mit den Gesellschaftern gestellt werden. Ansonsten könnte sich der Geschäftsführer dem Vorwurf aussetzen, die Gesellschafter durch eine verfrühte Antragstellung geschädigt zu haben.
Der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH darf für die KG einen Insolvenzantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) nur mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung stellen. Liegt ein solcher Beschluss nicht vor, setzt sich der Geschäftsführer dem Schadensersatzanspruch nach § 43 Abs. 2 GmbHG aus.
Die Entscheidung ist auf die GmbH übertragbar. Zu beachten ist allerdings, dass der Geschäftsführer bei Vorliegen von Insolvenzgründen (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) auch ohne Votum der Gesellschafterversammlung sogar verpflichtet ist, Insolvenzantrag zu stellen. In der Praxis sollte der Geschäftsführer stets auf eine umfassende Einbindung der Gesellschafter in den Entscheidungsprozess bestehen.
Der Geschäftsführer einer GmbH ist nicht verpflichtet, im Rahmen eines Insolvenzantragsverfahrens über das Vermögen der GmbH Auskunft über seine eigenen Vermögensverhältnisse zu erteilen. Die Auskunftspflicht beschränkt sich auf die Vermögensverhältnisse der Gesellschaft sowie die tatsächlichen Grundlagen möglicher Ansprüche gegen Gesellschafter und Geschäftsführer.
Ist eine GmbH "fürhungslos", so geht die Insolvenzantragspflicht nach § 15 Abs. 1 InsO auf die Gesellschafter über. Die Führungslosigkeit tritt ein, wenn kein Geschäftsführer mehr vorhanden ist. Dies kann z.B. geschehen, wenn der Geschäftsführer rechtskräftig wegen Insolvenzverschleppung verurteilt wird und damit seine Amtsfähigkeit nach § 6 GmbHG verliert.
Ist Gesellschafter einer GmbH wiederum eine GmbH, die ebenfalls führungslos ist, so sind die Gesellschafter dieser Gesellschafter-GmbH zur Stellung eines Insolvenzantrages berechtigt und verpflichtet, wenn die übrigen Voraussetzungen (Zahlungsunfähigkeit und / oder Überschuldung) vorliegen.
Nach § 15a Abs. 3 InsO sind die Gesellschafter einer "führungslosen" GmbH verpflichtet, Insolvenzantrag zu stellen, wenn ein Insolvenzgrund gegeben ist. Allerdings sind sie dazu nicht berechtigt, weil ihnen insoweit die Vertretungsbefugnis im Antragsverfahren fehlt. Der Insolvenzantrag ist daher unzulässig. Die Enscheidung überrascht im Ergebnis, da so den Gesellschaftern eine nicht erfüllbare Pflicht auferlegt wird. In der Praxis sollte daher in entsprechenden Fällen stets ein Geschäftsführer bestellt werden, ggf. über den Weg einer Notgeschäftsführung nach § 29 BGB analog.
Antragsberechtigung des Gläubigers
Gläubigeranträge werden meist von Sozialversicherungsträgern oder dem Finanzamt gestellt. Nach § 14 InsO hat der Gläubiger seine Forderung sowie den Insolvenzgrund glaubhaft zum machen. Diese Glaubhaftmachung erfolgt in der Regel dadurch, dass die Behörde den jeweiligen (bestandskräftigen) Bescheid sowie eine Dokumentation der (erfolglosen) Vollstreckungsversuche vorlegt.
Der Insolvenzantrag wird unzulässig, wenn die Forderung des Antragstellers (hier Sozialversicherungsträger) nach Stellung des Antrages erfüllt wird und das Arbeitsverhältnis des bei dem Gläubiger versicherten Arbeitnehmers gekündigt wird und die Betriebsstätte geschlossen wird. Zu beachten ist allerdings, dass die Sozialversicherung den Insolvenzantrag grundsätzlich nach § 14 Abs. 1 S. 2 InsO auch dann aufrecht erhalten kann, wenn die Forderung beglichen worden ist. Voraussetzung ist nur - so der BGH - ein besonderes (fortbestehendes) Rechtsschutzinteresse.
Stellt ein Gläubiger einen Insolvenzantrag, so muss er den Insolvenzgrund glaubhaft machen. Dafür reicht die Vorlage einer vollstreckbaren Urkunde aus. Einwendungen des Schuldners gegen das Bestehen der Forderung können grundsätzlich nicht im Insolvenzverfahren, sondern nur in dem für den jeweiligen Einwand vorgesehenen Verfahren des Vollstreckungsrechts (z.B. Vollstreckungsabwehrklage) geltend gemacht werden.
Einem privaten Gläubiger wird es in der Praxis ohne Titel oft schwer fallen, seine Forderung glaubhaft zu machen. Bestreitet nämlich der Schuldner das Bestehen der Forderung, so wird das Insolvenzgericht die Eröffnung ablehnen und den Gläubiger auf die Klage vor den ordentlichen verweisen. Gleichwohl kann auch eine nicht titulierte Forderung Grundlage eines Insolvenzantrages sein.
b) Insolvenzgrund
Als Insolvenzgründe kennt die InsO:
· Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO)
· Überschuldung (§ 19 InsO)
· Drohende Zahlungsfähigkeit (§ 18 InsO)
Bei Vorliegen von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ist der Geschäftsführer der GmbH nach § 15a InsO zur Antragstellung verpflichtet. Die drohende Zahlungsunfähigkeit begründet dagegen nur ein Antragsrecht.
Zahlungsunfähigkeit
Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn die GmbH nicht nur vorübergehend nicht mehr in der Lage ist, ihre laufenden finanziellen Verpflichtungen zu erfüllen. Dabei ist ausreichend, dass die Gesellschaft ca. 10 % ihrer fälligen Verpflichtungen für einen Zeitraum von mehr als drei Wochen nicht erfüllen kann.
Die Fälligkeit einer Forderung bestimmt sich grundsätzlich nach dem Zivilrecht. Daher kann die Fälligkeit durch eine Stundungsabrede beseitigt werden. Insolvenzrechtlich wird allerdings teilweise ein anderer Fälligkeitsbegriff vertreten, bei dem die Forderung „ernsthaft eingefordert“ werden muss.
Überschuldung
Der Überschuldungsbegriff ist in § 19 InsO definiert. Zu unterscheiden ist die Überschuldung nach § 19 InsO von der Unterkapitalisierung, der Unterbilanz, und der bilanziellen Überschuldung. Die InsO hat insoweit einen eigenen Begriff der Überschuldung.
Die Überschuldungsprüfung erfolgt zweistufig:
Bestehen einer positiven Fortbestehensprognose
Vorliegen einer Überschuldung
In einem ersten Schritt wird eine Fortbestehensprognose erstellt. Dabei handelt es sich um eine Prognose der Zahlungsfähigkeit für die kommenden 24 Monate. Ist diese Prognose positiv, scheidet eine insolvenzrechtliche Überschuldung aus. Ist die Prognose negative, ist weiter zu prüfen, ob eine rechnerische Überschuldung vorliegt. Dabei sind nicht die handelsrechtlichen Bewertungsgrundsätze anzuwenden. Vielmehr erfolgt die Bewertung zu Verkehrswerten unter dem Gesichtspunkt der Zerschlagungswerte.
Eine positive Fortbestehensprognose setzt also Folgendes voraus:
Fortführungswille
Konzept zur Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit; nicht notwendig zur Herstellung der Ertragsfähigkeit
Tragfähiges Unternehmenskonzept
Diese Fortbestehensprognose muss durch eine sorgfältige Planung unterlegt und entsprechend dokumentiert sein.
c) Abwicklung im Insolvenzverfahren
Folge des Insolvenzverfahrens ist im Regelfall die Abwicklung der Gesellschaft. Die Abwicklung erfolgt durch Verwertung des gesamten Vermögens der GmbH. Hier kommt neben einer Verwertung der einzelnen Vermögensgegenstände auch die Übertragung des Unternehmens als Ganzes auf einen neuen Rechtsträger in Betracht (sog. Übertragende Sanierung).
Nach § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG wird eine GmbHG durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelöst. Eine Fortsetzung der Gesellschaft ist nur möglich, wenn das Insolvenzverfahren auf Antrag des Schuldners eingestellt wird oder wenn ein Insolvenzplan durch Zustimmung der Gläubiger bestätigt wird.
Hat eine insolvente Gesellschaft vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Abschlussprüfer nach § 318 HGB bestellt, so bleibt dieser Beschluss wirksam. Das gilt auch für Bestellung, die sich auf Zeiträume beziehen, die vor dem Jahr liegen, das der Insolvenzeröffnung unmittelbar vorangeht. Dies folgt aus einer analogen Anwendung des § 155 Abs. 3 S. 2 InsO.
Wird das Insolvenzverfahren aber abgeschlossen und die Schlussverteilung durchgeführt, so können die Gesellschafter nicht mehr die Fortsetzung der Gesellschaft beschließen. Das gilt auch dann, wenn sämtliche Gläubiger der Gesellschaft vollständig befriedigt worden sind.
Ebenso ist eine Fortsetzung der Gesellschaft nicht mehr möglich, wenn der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse zurückgeweisen worden ist.
d) Besonderheiten bei der Insolvenz einer GmbH & Co. KG
Gesellschaftsrechtlich führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer GmbH & Co. KG zur Vollbeendigung der Gesellschaft. Wird die Gesellschaft dann nach Insolvenzverfahren (z.B. im Rahmen eines Insolvenzplans) fortgeführt, so entsteht eine neue Kommanditgesellschaft. Diese neue KG wird jedoch nicht erneut in das Handelsregister eingetragen, so dass eine persönliche Haftung der Gesellschafter in Betracht kommt. Diese Folge kann durch entsprechende Gestaltung des Gesellschaftsvertrages der KG vermieden werden. Dieser muss vorsehen, dass die Gesellschaft durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht aufgelöst wird.